Authentizität in der Arbeitgebermarke – verkraften wir das wirklich?

Authentizität in der Arbeitgebermarke - verkraften wir das wirklich?

Es ist eine Floskel, die HRler schon längst nicht mehr hören können: „Die Employer Brand muss authentisch sein. Diese Aussage ist uns allen so selbstverständlich wie die Butter auf unserem Frühstücksbrötchen. Einerseits.

Und andererseits? Haben Sie mal auf Karrierewebsites und in Stellenanzeigen nach Authentizität gefahndet? Ich beschäftige mich als Sprachwissenschaftlerin und Texterin seit 10 Jahren täglich mit diesen Formaten. Und ich habe noch nie, niemals nie einen Anzeigentext gelesen, in dem der Arbeitgeber eine Schwachstelle bei sich im Unternehmen rundheraus zugibt.

Wenn es gut läuft, finden wir das: „Und wenn es mal hektisch wird, bewahren Sie einen kühlen Kopf.“ Ende der Authentizität.

Letzte Woche habe ich ein Stellenanzeigenseminar gehalten und auch wieder über das Authentizität-Thema gesprochen.

Es war unser zweiter gemeinsamer Termin. Eine Teilnehmerin berichtete mir Folgendes: „Ich habe das jetzt mal ausprobiert und wirklich etwas Unangenehmes geschrieben. Nachdem ich bisher null Bewerbungen bekommen habe – Mitarbeit Autovermietung – konnte es sowieso nicht schlimmer werden.

Das hatte die Teilnehmerin in ihre Anzeige geschrieben:

„Wir möchten Ihnen nichts vormachen: 
Sie nehmen am Tag mindestens 20 Autos entgegen … Kunden bringen die Mietwagen oft beschädigt oder dreckig zurück … Es türmen sich im Innern der Autos leere Kartons und Dreck … Ein Mietwagen wird in einer Stunde in einer anderen Filiale gebraucht? Dann übernehmen Sie die Instandsetzung der Innenräume selbst und fahren das Auto dorthin … “

Das Ergebnis: Jede Menge Bewerbungen.

In der Originalanzeige stand:

  • Telefonische und schriftliche Kundenberatung und -betreuung
  • Erstellungen und Bearbeitung von Reservierungen
  • Bearbeitung von Kundenreklamationen

Wie gesagt, mit null Resonanz.

Also: Seien wir mutig.

Zeigen wir wirklich, wie es ist. Womit wir kämpfen. Was unangenehm ist. Wir wünschen uns diese Ehrlichkeit doch auch von den Politikern. Wie erfrischend wäre es, wenn Olaf Scholz einfach mal sagen würde: Wissen Sie was, ich habe mich geirrt. Ich habe das völlig falsch eingeschätzt. Oder Angela Merkel gesagt hätte: Ja Leute, das wird richtig blöd, aber da müssen wir durch …

Es glaubt sowieso niemand, dass alles super ist. Wieso schreiben wir künftig nicht einfach Dinge wie:

„Unsere Prozesse laufen noch nicht rund. Deswegen brauchen wir Sie, damit Sie uns hier auf die Sprünge helfen.“

oder

„Natürlich könnte manches besser laufen. Deswegen freuen wir uns jetzt auf Sie, auf Ihren frischen Blick von außen und auf die Impulse, die Sie uns mitbringen.“

oder

Entscheidungen dauern bei uns länger, da brauchen Sie Geduld.

 

… um hier nur wenige Beispiele zu nennen. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, in der Arbeitgeberkommunikation Farbe zu bekennen. Das überrascht die Menschen und das macht uns sympathisch. Wer damit nicht umgehen kann, den wollen Sie auch gar nicht im Team haben, oder?

 

 

Eure Sibylle

 

 

Autorin des Artikels: Sibylle Frank, Mit-Inhaberin Heldenstreich – Agentur für Employer Branding

 

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