Wieso gerade die Pflege von einer guten Arbeitgeberkommunikation profitieren könnte

Wieso gerade die Pflege von einer guten Arbeitgeberkommunikation profitieren könnte

Ein zermürbender Arbeitsalltag, abgearbeitete Menschen, ausgebeutet und ohne Anerkennung – dieses Bild des Jammers zeichnen die Medien seit vielen Jahren von der Pflege in Kliniken.
 
In den letzten Jahren habe ich viele Pflegerinnen und Pfleger zu ihrer Arbeit befragt – in Unikliniken, kleinen Landkrankenhäusern, Psychiatrien, Orthopädien, auf Intensiv- und Säuglingsstationen, in der der Urologie, der Onkologie und vielen mehr. Und ich kann sagen: Fast immer hatte ich es dabei mit gut gelaunten, tatkräftigen Frauen und Männern zu tun, die mir mit leuchtenden Augen von ihren Jobs erzählten.
 
Die Stationsleiterin einer Säuglingsstation berichtete mir, wie schön es immer wieder für sie ist, wenn vor ihren Augen aus einem Ehepaar eine kleine Familie wird. Ein Onkologie-Pfleger sagte, er setzt sich oft zu seinen totkranken Patienten und unterhält sich mit ihnen über den Sinn des Lebens.
 
Eine Pflegerin beschrieb, wie lebenswichtig es ist, dass das Equipment immer da ist, wo es hingehört, damit im Notfall alles blitzartig funktioniert. Ein Intensivpfleger meinte, er liebt diesen Prozess, wenn der Patient sich erst gar nicht bewegen kann, dann die Finger, den Arm, irgendwann kann er stehen, dann laufen. Das sei immer regelrecht ein Fest – auch für ihn. Ein anderer meinte, dass das Beherrschen der vielen technischen Geräte schon eine hohe Herausforderung für ihn sei.
 
Eine Psychiatrie-Pflegerin, mit der ich sprach, führt regelmäßig kleine Kurse mit depressiven Patienten durch. Sie probieren Schokoladestückchen, erforschen Aroma und Gefühl im Mund. Weil man über die Sinneswahrnehmungen Menschen wieder ans Fühlen heranführen kann. Eine andere Pflegerin wurde in ihrer Klinik zur Aromatherapeutin ausgebildet und erklärte mir, dass bestimmte Aromen sogar gegen Blasenentzündung helfen …
 
Kurz: das pralle Leben.
 

Und hier beispielhaft ein paar Sätze von den Karriere-Websites zweier großer Kliniken

(und die meisten anderen klingen genauso).
 

„Als Universitätsklinik entwickeln wir u.a. pflegerische Innovationen im nationalen und internationalen Raum und überführen sie zeitnah in die Praxis.“ 

 

„Die Berufsgruppe Pflege, mit rund 2.500 Stellen, übernimmt über die unmittelbare Versorgung der Patientinnen und Patienten hinaus „im Hintergrund“ eine Vielzahl von Aufgaben im Rahmen einer ganzheitlichen Patientenversorgung und in der Betreuung, Beratung und Schulung von Angehörigen …“

 
Liebe Leser*innen, bitte wieder aufwachen.
 

Liebe Pflegedirektor*innen, hier ist eure Chance.

 
In eurer Arbeitgeberkommunikation ist noch sooo viel Luft nach oben. Das, was der Beruf bietet und eure Kommunikation darüber – das hat bislang nicht viel miteinander zu tun. Hier tun sich so viele Möglichkeiten für euch auf. Gebt den Menschen da draußen einen Einblick in die Arbeit eurer Pflegeteams. Lasst sie ihre Geschichten erzählen. Macht Fotos dazu. Aber gute, nicht irgendwelche. Vielleicht auch Filme. So, dass eure potenziellen Bewerber in all diese Emotionen eintauchen können.
 
Lasst es nicht auf euch sitzen, wenn die Medien diesen komplexen, verantwortungsvollen und erfüllenden Beruf in Grund und Boden schreiben. Haltet dagegen. Auf euren Karrieresites, auf euren Social Media Kanälen … wo immer ihr euch äußert.
Mancher mag hier beim Lesen den Kopf schütteln. Ja, ich weiß – die öffentliche Meinung über das Schicksal der Pflegekräfte in Kliniken ist eine ganz andere. Aber ich schreibe hier auf, was ich selbst aus dem Mund meiner Gesprächspartner gehört habe. Es hat mich, gerade bei den ersten Interviews, selbst überrascht. Doch inzwischen, nach so vielen Gesprächen, frage ich mich: Wieso sollten Pflegekräfte ihren Beruf auch nicht lieben? Sie sind ganz dicht dran am Menschen, am Leben, sie sind sowohl geistig als auch körperlich gefordert, sind ein zentraler Part im Geschehen rund um die Patienten. Und wo sie arbeiten wollen, dass können sie sich schon lange aussuchen …
 
Also liebe Kliniken, es kann nur besser werden. Erst mit der Kommunikation. Dann mit den Bewerberzahlen.

 

Eure Sibylle Frank

 

 

Autorin des Artikels: Sibylle Frank, Mit-Inhaberin Heldenstreich – Agentur für Employer Branding

 

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