Technischer Schnickschnack vs. menschlicher Schnickschnack

Liebe Personalchefs,

 

eure Karriereportale bieten oft Mengen an Informationen, kleinen Filmen, Social Media Links, Namen und Telefonnummern … Jeder kann sehen, dass ihr euch viel Arbeit gemacht habt und dass ihr es ernst meint.

Aber hat nicht irgendwann mal ein kluger Kopf gesagt, es käme aufs Gefühl an? Entscheidungen träfen wir in Wahrheit mit dem Herzen? Ach, stimmt ja. Da war ja was. Wir brauchen noch etwas Human Touch.

Gut, dann schauen wir mal die Unternehmenswerte an. Und dann schreiben wir auf die Karriereseite, dass wir flexibel, aufgeschlossen und verantwortungsbewusst sind. Außerdem innovativ, mutig und qualitätsbewusst. Und wir haben ein tolles Team.

Da stehen wir schon wieder mittendrin im Floskelsalat. LANGWEILIG. WIRKT NICHT. Auch wenn’s für manche überraschend klingt: Wenn ihr die Leute packen wollt, müsst ihr aufs Herz zielen. Das Formulieren von Werten kann ein erster Schritt sein, aber dann muss das pralle Leben folgen. Feiert Eure Mitarbeiter. Was genau leisten sie? Worin sind sie erfolgreich? Was machen sie gut? Nein, nicht schreiben, was das Unternehmen alles toll kann. Was die einzelnen Menschen gut können, das wollen wir wissen. Wie arbeiten sie zusammen. Wie ist die Stimmung. Wie kriegen sie’s hin, wenn es mal was nicht so toll läuft.

Werte aufzuzählen bringt nichts, sie müssen spürbar werden. Wenn ich mir einen totlangweiligen Krimi anschaue und der Kommissar sagt, jetzt wird’s spannend, dann hilft mir das nicht. Der Krimi ist immer noch langweilig. Weil man Gefühle nicht an jemanden hinreden kann. Ich muss das Gefühl erzeugen. Liebe mich – dieser Satz hat noch nie geholfen. Ich muss so spannend, attraktiv, besonders sein, dass mich das Gegenüber lieben will.

Wie wäre es also zum Beispiel damit: Ihr habt als Wert „Aufgeschlossenheit“ formuliert. Jetzt lasst ihr auf eurer Karriereseite die unterschiedlichsten Mitarbeiter zu Wort kommen, in Wort und Bild. In großzügigen Bildformaten versteht sich, nicht eingequetscht in Passbilder, das wirkt nicht aufgeschlossen, sondern altbacken und beengt. Die Mitarbeiter lasst ihr dann in Zitaten sprechen. Mindestens drei Leute, besser vier oder fünf. Alle sagen etwas Kluges.

Offensichtlich ein Unternehmen, dass auf die Meinung seiner Mitarbeiter Wert legt, oder? Das müsst ihr nichtmal dazuschreiben, die Botschaft kommt trotzdem an.

So klingt es, wenn ein Text den Leser in seinen Mittelpunkt stellt, sein Anliegen ernst nimmt, sich auf seine möglichen Sorgen bezieht und in Beziehung zu ihm tritt. Wenn man so schreibt, dann wird der Text attraktiv, eher gelesen und man erinnert sich besser und länger an die Inhalte. Außerdem wird einem der Verfasser sympathischer.

Diese Erkenntnisse – in der Sprachwissenschaft nennt man das „Personenzentriertes Schreiben“ – könnten wir doch nutzen, wenn wir möchten, dass die Menschen uns mögen. Also in der gesamten Arbeitgeberkommunikation. Da wo der Funke überspringen soll. Da wo wir Menschen von uns begeistern möchten.

Das Produktmarketing macht uns das schon seit Jahrzehnten vor. Jeder Schokoriegel und jedes Waschmittel werden mit Emotionen belegt, die uns ans Herz gehen sollen. Aber bei der Mensch-zu-Mensch-Kommunikation versucht man seltsamerweise so sachlich wie möglich zu klingen.
Damit ist natürlich nicht gemeint, aus Stellenanzeigen eine billige Reklame zu machen. Sondern, wie gesagt, den Leser mit seinen Sorgen zum Thema des Textes zu machen und das sympathisch zu formulieren.

Statt also zu sagen: „Wir haben eine Gleitzeit-Regelung“, könnte man doch auch schreiben: „Noch ein Hinweis für alle Morgenmuffel: Macht Euch keine Sorgen. Wir haben Verständnis für Euch und außerdem eine Gleitzeitregelung.“ Dafür werden alle Software-Entwickler dieser Welt Sie lieben, oder?

Autorin: Sibylle Frank, Inhaberin Agentur heldenstreich
Foto: Adrian Candela, Lizenzfreie Stockfotonummer: 500447950

 

 

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